Unterhaltung an Bord
 

Der 31.05.1930 als Datum ist insofern bedeutend, als er als „Skagerrak-Tag“ bei der Marine gefeiert wurde. Der Kontakt der Mannschaft des Kreuzer Karlsruhe mit der deutschen Flotte, die im Mittelmeer passierte, beschränkte sich dem Anschein nach darauf, dass alle an Deck standen und salutierten.

Zu sehen ist ein Bild des Linienschiffs „Flottenflaggschiff L.Schiff 'Schleswig-Holstein'“, auch hier steht die Mannschaft – bei dem gehörigen Abstand winzig und kaum zu erkennen – an Bord und salutiert.

Dasselbe beim „L.Schiff 'Hannover'“.

„Der Gott, der Eisen wachsen ließ,

Der wollte keine Knechte,

Drum gab er Säbel, Schwert und Spieß

Dem Mann in seine Rechte,

Drum gab er ihm den kühnen Mut,

Den Zorn der freien Rede,

Dass er bestände bis aufs Blut,

Bis in den Tod die Fehde.


Lasst wehen, was nur wehen kann

Standarten wehn und Fahnen!

Wir wollen heut uns Mann für Mann

Zum Heldentode mahnen:

Auf! Fliege, stolzes Siegspanier,

Voran den kühnen Reihen!

Wir fliegen oder sterben hier

Den süßen Tod der Freien.“

Es sieht aus, als sei auf all diesen Schiffen eine sehr große Zahl von Matrosen untergebracht. Zum dem dem Kreuzer Karlsruhe baugleichen Kreuzer Königsberg las ich nach, dass die Besatzung auf diesem aus rund 500 Mann bestanden habe. Tatsächlich müssen aber teilweise bis zu über 800 Männer auf den Schiffen untergebracht gewesen sein. Es gab folglich kaum Platz für den Einzelnen, von Ruhe und individueller Zurückgezogenheit wird gelegentlich höchstens geträumt worden sein. In der „Deutschen Marine-Zeitung“ vom 1. Januar 1932 heißt es in einem Artikel über die zweite Weltreise des Kreuzer Karlsruhe: „540 deutsche Männer, z.T. werdende Männer, 45 Seekadetten und 15 Ingenieurkadetten befinden sich an Bord“ (S. 16). Die Reichsmarine umfasste nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg nur eine Personalstärke von insgesamt circa 15.000 Mann – viel weniger als ihre Vorgängerin, die Kaiserliche Marine, in deren Dienst noch 80.000 gestanden hatten. Die Seestreitkräfte der Reichsmarine setzten sich aus sechs Linienschiffen, sechs Kreuzern und vierundzwanzig Torpedobooten zusammen.

Schließlich gab es, es war immer noch der 31.05., wieder ein wenig Unterhaltung mit Musik: Auf Deck sieht man die Mannschaft des Kreuzer Karlsruhe, der Titel ist „Bordgottesdienst am Skagerraktage“. Unterhaltsam wird gewiss jede Art von Abwechslung gewesen sein, wenngleich es sich bei dem erinnerten Ereignis – der Seeschlacht im Skagerrak im Ersten Weltkrieg vom 31.05. bis zum 01.06.1916 – wohl weniger um ein lustiges Fest als ein würdiges Gedenken handeln sollte. Gedacht wurde der auf See Gebliebenen in einer sowohl für die Deutschen als auch für die Briten äußerst verlustreichen Schlacht, deren Ergebnis ein militärischer Achtungserfolg für die Deutschen gewesen war. An der Übermacht der britischen Flotte aber hatte dies letztendlich nichts geändert. Von der Skagerrakfeier bei der zweiten Weltreise besitze ich keine Bilder, aber dafür habe ich über ein Internetauktionshaus das Programm des am 31. Mai 1932 stattgefundenen Festes gefunden. Anhand der Fotoalben lässt sich feststellen, dass der Kreuzer sich zu jenem Zeitpunkt am Takugletscher/Alaska befand, einen größeren Klimawechsel konnte man sich in so kurzer Zeit kaum vorstellen, hatte sich das Schiff doch erst wenige Tage zuvor auf Hawaii aufgehalten. Um 9:30 Uhr begann die Feier mit einem Gottesdienst unter Deck, welcher von Händels „Largo“ eingeleitet wurde. Der Choral sang ein Lobet-den-Herrn, der Schiffspfarrer hielt eine kurze Predigt, der Choral sagte dank – die dazu abgedruckten Texte wären kaum einer bestimmten Epoche zuzuordnen. Es folgten ihnen kriegerische Lieder, die ich hier im Original aufführen möchte:

Als die Briten frech geworden, sim serim . .

Fuhren sie einmal nach Norden, sim serim . .

Kamen bis vors Skagerrak. Täterätätätä,

Stolz im Top den Union-Jack, täterätätätä,

Eine Mordsmahalla. Wau, wau . . .


Kamen an mit hundert Masten,

alte, neue, neuste Kasten,

Zerstörer; Kreuzer, Linienschiff,

U-Boot, Flugzeug; Mutterschiff

Arme deutsche Flotte!


Doch die kam gerad von Süden,

Gottesfürchtig und zufrieden,

Führt ein bisschen Handelskrieg,

Dachte noch nicht an den Sieg,

Der ihr ward beschieden.


Vorneweg in weitem Bogen

Kam die II. U.G. Gezogen,

Die I. U.G. Mit Aloys

Und dahinter stand Bob Schieß

Mit den dicken Pötten.


Plötzlich so um halbe fünfe

Sah man einige Mastenstümpfe;

da sagte sich B 109:

Hei, das kann der Feind nur sein!

So begann die Seeschlacht.


So begann das große Singen,

Doch das kann ich nicht besingen.

Trafalgar, Vincent, Tsuschima,

Alles Kinderspiel nur war

Gegen diese Seeschlacht.


Hei, das war ein Trommelfeuer.

Unermesslich, ungeheuer,

Bis noch spät nach Mitternacht

Tobt und rast die wilde Schlacht,

Brüllten die Kanonen, bum, bum ...


Als die beiden großen Riesen

Endlich voneinander ließen,

Hatten wir den Feind verhasst

Ordentlich ans Maul gefasst,

Zähne ausgeschlagen.

Auch die englische Depesche

Lautet, wir bezogen Dresche.

Und die Admiralität,

So gern sie's auch verschweigen tät,

Muss die Wahrheit sagen.


Warspite, Warrior, tät sie funken

Black Prince und Defence gesunken

Invincible und Turbulent

Fortune, Tipperary,

Indefatigable und Ardent,

Sparrorhawk, Queen Mary

Und noch viel Zerstörer.


Greys Gesicht wird lang und länger

Und Herr Asquith bang und bänger;

Mister Churchill kräht oh, oh,

Und es schimpft Herr Jellicoe

Auf die deutschen Ratten.

Drum ihr Briten, lasst euch sagen,

Redet nicht vom Rattenjagen,

Nehmet nicht das Maul so voll!

Denn sie schlägt sich wundervoll,

Unsere deutsche Flotte.

Nachdem diese beiden Strophen des Liedes von Ernst Moritz Arndt gesungen worden waren, der auch Friedlicheres geschrieben hat – wie zum Beispiel die Sagen im „Kater Martinchen“ mit der „Geschichte von den sieben bunten Mäusen“ –, traten um 10:30 Uhr die Musterungsdivisionen auf der Schanze an. Der Kommandant schritt ihre Front ab und hielt daran anschließend eine Ansprache. Danach wurden die damals noch drei Verse der Nationalhymne angestimmt, im Programm steht in Klammern explizit „3 Verse, mitsingen“. Was nach dem Singen der Nationalhymne bis 19:00 Uhr geschah, ist aus dem Programm nicht ersichtlich – wahrscheinlich war, von den Feierlichkeiten am Morgen und am Abend abgesehen, der Tag der Skagerrakfeier ein ganz normaler Arbeitstag, der um 19:00 Uhr mit dem unter Deck gehaltenen Vortrag des Navigationsoffiziers sein Ende fand.

Auf der Rückseite der Programmblattes steht „anschließend Musik“ – und abgedruckt ist ein Schmähtext auf die britische Flotte, der vermutlich zur Abrundung des Abends gesungen wurde:

Der nationale Stolz sowie der Spott, Hohn und die Herablassung gegenüber dem Gegner kann kaum deutlicher zum Ausdruck gebracht werden.